In mijn boekenkast schoolt een aantal boeken samen dat ik voor een ander verzamelde toen zij in de fase van voorbereiding van een roman verkeerde. Toen die roman klaar was, deden die boeken er voor haar niet meer toe. Omdat ze roemloos dreigden te eindigen, ontfermde ik me er over. Wat er in die boeken stond, wist ik in grote lijnen al. Om grip te krijgen op haar materiaal vatte de schrijfster wat ze gelezen had regelmatig in verhalende vorm samen.
De boeken hebben met elkaar gemeen dat ze inzicht geven in wat maakt dat mensen er extreme opvattingen op na gaan houden en hoe ze vanuit die opvattingen zonder scrupules handelen.
Een van die boeken is Ulrike Meinhof: ein Leben im Widerspruch (1988) van Mario Krebs. Voordat het van de boekenkast van de schrijfster naar mijn boekenkast verhuisde, behoorde het in elk geval één ander toe. Die eigenaar – ik denk dat het een zij is, als ik afga op het handschrift – kocht het op 20 december 1989 ‘uit sympathie voor haar vastberadenheid’.
Toen de eerste generatie van de Rote Armee Fraktion – de Baader-Meinhof-Gruppe – actief was, woonde ik in West-Duitsland. Ik was te jong om precies te begrijpen waar zij voor streden, maar vanwege de heftige reacties die zij losmaakten, was ik daar wel nieuwsgierig naar.
Dat Ulrike Meinhof ondanks haar daden tot de verbeelding sprak – Marianne Faithfull entte haar Broken English op haar, er werden films gemaakt over de Baader-Meinhof-Groep/RAF – en ook nu nog onenigheid bestaat over hoe haar en haar handelen precies te duiden – dat bleek ook weer uit de derde aflevering van Een leven lang dwars, de zomerserie van OVT, het programma dat ervoor zorgde dat het boek van Mario Krebs uit de kast kwam – maakt van haar zoveel jaar na dato bijna een ‘mytische’ figuur.
En dat was een van de dingen waar de uitgever van Ulrike Meinhof: ein Leben im Widerspruch al in 1988 bezwaar tegen maakte. De biografie voldeed niet aan zijn verwachtingen, aan publicatie werd een voorwaarde verbonden: ‘seine sicher nicht RAF-freundliche Biografie wurde nur unter der Bedingung veröffentlicht, dass ein Brief seines Herausgebers mit abgedruckt wurde, der sich “eine grössere Distanz gewünscht” hätte’.
Volgens Freimut Duve maakt Mario Krebs onvoldoende duidelijk hoe groot de invloed van Ulrike Meinhof was op de omslag naar het buiten-politieke opereren van de Baader-Meinhof-Gruppe. Duve benadrukt in zijn brief, waarin hij ook de verdiensten van Krebs noemt, dat Ulrike Meinhof weliswaar al dood was toen de methoden van de RAF meedogenlozer werden, maar dat zij daar minstens medeverantwoordelijk voor was.
Dit is de hele brief, zoals opgenomen in Ulrike Meinhof: ein Leben im Widerspruch:
‘Brief des Herausgebers an den Autor
Lieber Mario Krebs,
als wir vor vier Jahren über dieses Buch sprachen, schien manches leichter, einfacher. Sie hatten Ulrike Meinhof nicht gekannt, ich hatte einige Jahre lang regen Kontakt mit der Journalistin, mit der Mutter der beiden Töchter, mit der Frau von Rainer Röhl. Wir waren uns einig: das Leben Ulrike Meinhofs ist kein Gegenstand für Heldenverehrung und Mythenbildung.
Sie schreiben in Ihrem Vorwort, es sei schwer gewesen, jenseits des öffentlichen Feinbildes und der überhöhten Erinnerungen die Person Ulrike Meinhof afzuspüren, und zitieren Hans Magnus Enzensberger – Lebensberichte seien immer nur Zwischenstufen, niet ein endgültig abgerundetes Bild. Im Rückblick scheint mir Ihre Entscheidung, Ulrike Meinhofs Denken anhand ihrer Texte zu rekonstruieren, richtig; angemessen erscheint es mir auch, den besonderen Blick eines Teils der Linken und insbesondere die Sichtweise Ulrike Meinhofs auf die politischen Verhältnisse der Nachkriegs-Republik zum analytischen Ausgangspunkt zu machen: Wie hat sie die fünfziger und sechziger Jahre wahrgenommen, und lassen sich daraus ihre späteren Handlungen erklären?
Bücher können die oft unselige Kraft von Mythen nicht bannen. Aber sie sollten vermeiden, neue zu bilden.
Sie haben sich ganz auf Ulrike Meinhof eingelassen – ein schwieriges Unterfangen bei einer politischen Figur, die den Mythen der Rechten wie der Linken so sehr entgegenkam.
Der Faszination, die von der politischen Journalistin ausging, konnten sich viele nicht entziehen, selbs unter jenen nicht, die mit ihren Kommentaren beileibe nicht einverstanden waren. Der Eindruck, den die Person Ulrike Meinhof hinterließ, war oft stärker als die Überzeugungskraft ihrer Artikel.
Es steht dem Herausgeber nicht zu, den Tekst seines Autors zu kritisieren, und gar noch coram publico. Aber als Politikum ist die erste RAF-Gruppe bis heute lebendig. Noch immer gibt es eine planende und handelnde RAF, noch immer trifft man eine problematische Verklärung der “ersten”RAF.
rororo aktuell hat sich seit Anfang der siebziger Jahre mit dem Terrorismus auseinandergesetzt. Der Bericht über das Leben von Ulrike Meinhof gehört in diese Buchreihe. Aber ich hätte mir eine größere Distanz gewünscht gegenüber Vorgängen, die bis heute die ohnehin nicht großen Reformchancen der Demokratie mindern.
Der “Baader-Meinhof-Gruppe”, wie sie anfangas in den Presseberichten hieß, ist es gelungen, die Republik zu verändern, den Begriff der Inneren Sicherheit zum neuen und dringlichtsten Staatsziel aufsteigen zu lassen: der Ausbau des Bundeskrimalamtes, die Anti-Terror-Gesetze, die neu eingeführte Definition einer “terroristischen Vereinigung”. Der Staat hat reagiert, als Rächerstaat. Und selbst noch die späteren Urteile gegen Mitglieder der RAF (Peter Jürgen Bock dreimal lebenslänglich!) übersteigen jedes Vorstellungsvermögen. Eindrucksvoll schildert Ihr Buch, sie dieze im wahrsten Sinn des Wortes un-menslichen Bedingungen der Einzelhaft in Stammheim zerstören, was den Menschen zum Menschen macht: sein soziales Wesen.
Aber manches an Ihrem Befund is mir fremd, eben deshalf sind wir übereingekommen, dem Band siesen Brief anzufügen. Ulrike Meinhof schien mir nach 1968 weit stärker vom deutschen Idealismus und siener gefährlichen Neigung, die Welt manichäisch in gut un böse afzuspalten, eingeholt worden zu sein. Das galt auch für ihre Reaktion auf die unmittelbare Umwelt, ihre Freunde.
Und der deutsche Idealismus had den Nachgeborenen eine zweite problematische Erbschaft hinderlassen – die Idealisierung des Tatmenschen: Ulrike Meinhofs Sprung aus dem Bibliothekfenster in Berlin, die schwere Schußverletzung, die der Bibliothekangestellte Linke erlitt, war auch ein Sprung aus der Politiek in das Reich des Unpolitischen und eine Kriegserklärung an den Rechtsstaat. Ulrike Meinhof war es dann, die der Gruppe die Sprachmuster lieferte: von der anfänglichen Verachtung für den “Schwätzer”, den “Schreiberling” bis hin zu der Rechtfertigung der Morde an den “Schweinen” des “Systems”: “Selbstverständlich darf geschossen werden.”
Die unbegreifliche Leichtfertigkeit, mit der dieser “Krieg” gegen die Bundesrepublik Deutschland begonnen wurde, läßt bei vielen Linken bis heute Bitterkeit hochkommen: Welche Hinterlassenschaft haben jene wenigen zu verantworten und welche Veränderungen im öffentlichen Bewußtsein die politisch Verantwortlichen von damals?
Ulrike Meinhof war schon tot, als der “Deutsche Herbst” und seine dramatischen Ereignisse 1977 die Republik erschütterten. Aber die Initialzündung für gestapohafte Mordmethoden der nachfolgenden RAF-Generationen und für den Gestus des terroristischen Weltenrichters, der sich die Schuldigen am Vietnamkrieg oder am Leid in der Dritten Welt selbstherrlich aussucht, hat diese erste Gruppe um Andreas Baader und Ulrike Meinhof gegeben.
25. Januar 1988. Freimut Duve.’
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